Peter Levine, ein amerikanische Traumaexperte, vertritt die Meinung in seinem Buch "Go back to Mammy and Daddy": "Solange man nicht in die frühe Kindheit zurück geht, hat man das Problem nicht wirklich aufgelöst. Bei dieser Arbeit geht es nicht darum, dass man Mutter oder Vater verurteilt. Es geht darum, dass man die Emotionen, die man in der frühen Kindheit - (gem. Frau Prof. Beebe: Zwischen der Empfängnis und dem 5. Lebensjahr. / siehe hierzu auch die ZDF Doku "Die Erste aller Welten") - in den eigenen Körper verdrängt und in die Zellen geschoben hat, wieder auflöst und in Energie verwandelt". Laut Prof. Bauer liegen diese Emotionen sogar als chemische Stoffe in den Zellen eingelagert.

Bereits in der frühen Kindheit fangen sehr viele Kinder an, ihre normalen natürlichen Emotionen wie z.B. die Trotzphase nicht auszuleben. Ein neugeborenes Kind hat mit seiner Mutter, wenn die Beziehung gut läuft, nur ein "Wir–Gefühl". Die Trotzphase sollte normalerweise zwischen dem 2. und 3. Lebensjahr gelebt werden und dient dazu, dass das Kind aus dem "Wir-Gefühl" zum "Ich–Gefühl" findet. Ein Kind, das sich nicht genug geliebt fühlt, lebt die Trotzphase nicht und fängt an, seine normalen und gesunden Emotionen wegzudrücken. Bereits in diesem frühen Alter fangen sehr viele Kinder an zu dissoziieren. Das Kind fängt an, sich nicht mehr selber zu spüren, sondern unbewusst Mama oder Papa "abzutasten" – manchmal fast in sie "hineinzukriechen", um zu spüren: "Was erwarten die von mir?", "Was muss ich machen, dass die merken, wie lieb ich bin, damit Mama oder Papa mich genauso lieb oder noch lieber als den Bruder oder die Schwester haben?". Weil man so früh mit dem Dissoziieren anfängt, glaubt man, dass es das "Normale" ist. Wer sich als Kleinkind nicht getraut hatte die Trotzphase zu leben, der traut sich in der Regel auch als Jugendlicher nicht die Pubertät zu leben.

Die Pubertät dient dazu, dass man sich langsam aus dem Elternhaus heraus löst, um selbstständig zu werden. Dadurch kann man beziehungsfähig werden. Wer sich nicht traut die Pubertät zu leben, wird später unbewusst einen Partner nach dem Bild der Eltern wählen und braucht dann ein "Feindbild" für die nicht ausgelebten natürlichen, aber weggedrückten Emotionen.

Häufig höre ich: "Die Trotzphase oder die Pubertät hätte ich gar nicht leben dürfen." So gut wie keine Eltern erlauben diese Phasen – aber manche Jugendliche leben es trotzdem. Die meisten der Menschen, die zu mir kommen, hatten sich dies aber nicht getraut. Fast alle meine Patienten haben ihr Leben lang ihre Emotionen weggedrückt. Sie finden diese Einstellung sehr viel besser und edler, als zu spüren, was man selber spürt. "Das machen doch nur die Egoisten." Entweder hat man dann "ein Feindbild" (laut Erdheim am leichtesten die Asylanten, weil die so anders aussehen als Mama oder Papa. "Das Fremde im Anderen - das Fremde in mir" über das Kulturelle in der Psychotherapie (Fachtagung am 24. März 2012, Institut für Psychoanalyse der DPG Stuttgart).

Wer seine unliebsamen Emotionen nicht gegen ein Feindbild richtet, der richtet sie in der Regel gegen sich selber und blockiert sein eigenes Energiesystem. Für diese "edle" Einstellung bezahlt man mit seiner Gesundheit.

Immer wieder ist es schwer zu erklären: Es geht nicht um die Eltern! Ich muss sie weder angreifen noch verteidigen. Es geht alleine um mich und um mein Energiesystem – das heißt: um mein Wohlbefinden und um meine Gesundheit. Aus dem buddhistischen Text von Dza Patrul Rinpoche: »Verfolge nicht die Person, die die Emotion hervorruft. Verfolge die Emotion bis in die Mitte hinein.«